Interview mit der Residenzkünstlerin Andrea Ziegler

Andrea verbrachte Ende Juli zwei Wochen in Pilsen, erkundete die Stadt und sprach mit Einheimischen. Sie hat umfangreiche Erfahrungen mit dem Programm der Kunstresidenz - sie ist bereits nach Dresden und Bremerhaven gegangen. Daher kann sie Pilsen mit anderen Industriestädten vergleichen. Auch mit Hamburg, wo sie an einer Kunsthochschule studiert. Dort hat sie auch eine eigene Galerie, in der ihre Kunstwerke verkauft werden.

Andrea, wie gefällt dir Pilsen und was findest Du hier interessant?

Ich war schon mehrmals in Pilsen, vor allem im Zusammenhang mit der Kulturhauptstadt Europas. Ich finde, es ist eine interessante Stadt. Es ist ganz anders als in anderen tschechischen Grenzstädten, die ich gut kenne (Planá, Tachov, Cheb) und auch als in Prag, wo ich gerne hinfahre. Mich fasziniert das Phänomen Amerika hier in Pilsen. Nirgendwo sonst habe ich die Geschichte der Befreiung so sichtbar erlebt.

Wie sind die Pilsener?

Leider stoße ich bei meiner Recherche auf eine Sprachbarriere, mit der ich nicht gerechnet hatte. Ich bin es fast überall gewohnt, Englisch zu sprechen, aber hier komme ich mit Deutsch oder Englisch oft gar nicht zurecht. Ich lerne zwar Tschechisch, aber es ist noch nicht fürs Gespräch (lacht). Aber ich habe mich mit ein paar Leuten gut unterhalten. Auch meine Mentorin Věra Knetlová (Pilsener Künstlerin, Anm. d. Red.) ist sehr nett. Egal wo ich bin, am Ende werde ich immer dazu kommen, dass die Menschen überall gleich sind!

Hast Du gar keinen Unterschied im Verhalten der Menschen festgestellt?

Es gibt schon bestimmte Bräuche, wie zum Beispiel die Tatsache, dass die meisten Leute hier in einer Gruppe oder zumindest zu zweit ausgehen. Ich habe kaum eine Person allein in einem Restaurant, Café, oder auf einer Veranstaltung getroffen. Oder, dass die meisten Restaurants und Geschäfte sonntags geschlossen sind. Das ist in Deutschland anders.

Und was fragst Du die Leute, wenn Du  jemanden zum Reden findest?

Mich interessiert zum Beispiel, wo sie die Wochenenden verbringen, wohin sie in Pilsen gerne gehen oder ob sie sich hier sicher fühlen. Das ist ein Thema, das sich in der Wahrnehmung von Ausländern und Einheimischen stark unterscheidet. Vorurteile gegenüber tschechischen Städten überwiegen oft. Es passiert auch, dass sich die Menschen in ihrer Stadt von Ausländern und Einwanderern bedroht fühlen, auch wenn es dort keine Kriminalität gibt.

Worum geht es in Deinem Projekt?

Ich setze meine Masterarbeit „Auf der Grenze“, die sich mit der fiktiven Kartographie beschäftigt, fort. Ich dokumentiere mein Wissen mit Stickereien, arbeite aber auch mit Skizzen und schriftlichen Notizen und Fotos.

Was wird der Output Deiner Residenz sein?

Es wird ein Meet the Artist Treffen mit der Öffentlichkeit geben, wo ich mein „Work-in-Progress“ präsentieren werde (Anm. d. Red: hat 9.8. in Depo2015 stattgefunden, siehe Fotos). Und dann bereite ich eine Ausstellung für das Festival im nächsten Jahr vor (Anm. d. Red: Die nächsten KulturKreativTage in Pilsen sind vom 21. bis 24. April 2022 geplant).

 

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