Interview mit Residenzkünstlern Pavel Liška und Ondřej Líbal

Die tschechischen Künstler Pavel Liška und Ondřej Líbal sind vielseitig multimedial tätig und haben schon in verschiedenen Kooperationsprojekten gemeinsam gewirkt. Pavel Liška hat bereits zahlreiche Installationen und Ausstellungen verwirklicht. Künstlerisch liegt sein Schwerpunkt insbesondere auf interaktiver Kreation und Animation, Szenographie, Illustrationen, Lichtinstallationen und Bewegter Kunst. Der Soundkünstler Ondřej Líbal hat sich auf die Bereiche Experimentelle Audioaufnahmen, Soundinstallationen, Postproduction und Livemusik auf Roland AIRA-Geräten wie Synthesizern, Samplern, Loopern oder Eurorack-Modulatoren spezialisiert. Die Künstler haben ihre Residenz auf zwei Aufenthalte aufgeteilt und somit 2021 sowohl im August zwei Wochen in Regensburg verbracht als auch anschließend zwischen Oktober und November weitere 1,5 Wochen. 

Bereits während der ersten Hälfte ihres Residenzaufenthalts haben die beiden Künstler intensive Stadterkundungen vorgenommen und sind dabei in die Klangszene der Stadt mit ihren unzähligen Eigenheiten in performativer Wechselwirkung eingetaucht, welche sie anschließend in einer Installation künstlerisch weiterverarbeitet haben. 

Kontakt zur Regensburger Kunst- und Kulturszene ergab sich insbesondere durch den intensiven Austausch der beiden Pilsner Künstler mit ihren Regensburger „Matching-Partnern“ Jörg Haala und Roland Holzer. Innerhalb des bayerisch-böhmischen Residenzprogramms fungieren die sogenannten „Matching-Partnerinnen und -Partner" als persönliche und fachliche Ansprechpersonen, die es den tschechischen Kunstschaffenden erleichtern, in die Regensburger Kunst- und Kulturszene reinzuschnuppern.

Das Interview ist während des ersten Aufenthalts durchgeführt worden. 

Die geschilderten Projektbeschreibungen wurden durch ein MeetTheArtist-Event während des zweiten Residenzaufenthalts ergänzt. In der musikalischen Performance der Pioneers of Space in Kooperation mit lokalen Regensburger Freund*inne standen die Erlebnisse, audiovisuellen Aufnahmen und Versatzstücke im Vordergrund, die beide Künstler in der Stadt Regensburg gesammelt haben. Dies wurde durch eine audiovisuelle Installation aus Lichtprojektoren, Soundsystem und Videomaterial mit eigenen Performances greifbar gemacht.

Was sind eure Eindrücke der Stadt? Seid ihr schon mal in Regensburg gewesen? 

P: Das ist mein dritter oder vierter Aufenthalt in Regensburg. Ich habe Workshops gegeben im Rahmen des aktuellen EU-Projekts beziehungsweise des Vorgängerprojekts, der bayerisch-böhmischen Kulturplattform Treffpunkt. Was mir wirklich auffällt ist, dass Regensburg die sauberste Stadt ist im Vergleich zu allen anderen Städten, in denen ich bisher war. Diesmal habe ich durch den Residenzaufenthalt mehr Zeit und Möglichkeiten die Stadt kennen zu lernen. Dabei habe ich festgestellt, dass es sogar in der Peripherie sauber ist. Müll zu finden ist hier praktisch wie einen Schatz zu finden. Auch bei der PLK (kulturell bespielte Prinz-Leopold-Kaserne) – und das ist ja schon wirklich Peripherie – ist alles sauber. Auch Züge sind ohne Graffiti. Und wenn es irgendwo Graffiti gibt, dann ist das auch sauber und unberührt von anderen Künstlerinnen und Künstlern. Aus Pilsen kenne ich das so unberührt nur vom WALLZ Street Art Festival. 

O: Mir gefällt es eine Stadt zu fühlen, mit dieser zu kommunizieren und dann Kunst mit diesen Gefühlen zu machen. Ich bin jetzt zum ersten Mal in Regensburg. Ich mag, dass die Stadt so schön und so klein ist. Besonders schätze ich die alten Gebäude, den Fluss und das schöne Flussufer. Weniger gefällt mir, dass das Stadtzentrum überfüllt von Touristen ist. Während der Residenz streife ich viel durch die Stadt, beobachte, nehme die Geräusche der Stadt auf, oder spiele Musik. Ich habe eine Performance mit einer sprechenden Gesichtsmaske gemacht.

Welche Orte haben euch gefallen? 

O: Ich liebe den Bahnhof. Hier kommen Menschen aus den verschiedensten Orten zusammen. Und hier geht es um die „normale“ Bevölkerung, das „normale“ Leben und nicht etwa um eine als hochklassig empfundene intellektuelle Cafészene. Ich mag beispielweise auch nicht so gerne Stadtzentren, sondern viel lieber „normale urbane Atmosphäre“ abseits der Zentren. Ich mag Kunst, die niedrigschwellig zugänglich ist und arbeite immer mit „normalen“ Menschen.

P: Ich war überall. In vielen Gebäuden und Galerien. Davon gibt es übrigens nicht genug! (Zeigt mit dem Finger die Orte auf einer Papierkarte auf – Vieles befindet sich dabei außerhalb der eigentlichen Karte) Für mein Kunstprojekt habe ich außerdem versucht Müll zu finden. Aber das hat nicht wirklich funktioniert. Ich mag es durch die Stadt zu laufen. Das mache ich in anderen Städten auch immer gerne. Ich habe Videoaufnahmen für eine spätere Videoprojektion aufgenommen. Dabei habe ich auch immer wieder nach interessante Texturen in den Häusern gesucht. Es gibt auch echt viele Kirchen. Die Aufnahmen „normaler“ Häuser im Zentrum sind ganz anders als die der Häuser außerhalb. Außerdem war ich auf mindestens zwei Friedhöfen und im Museum der bayerischen Geschichte.

Wie ist die Kommunikation gewesen und Wie ist es mit der Kommunikation verlaufen? Sprichst du Deutsch? Gab es irgendwelche interessanten Begegnungen diesbezüglich? Kannst du da ein bisschen „aus dem Nähkästchen plaudern“?

O. Was die deutsche Sprache betrifft, klappt es ein bisschen zu verstehen.

Aber Kommunikation ist ja nicht nur durch Worte möglich. Mit dem Matchingpartner Roland ist die Kommunikation auch durch die gemeinsame Musik geschehen.

P: Im Museum und auch bei den Einkäufen bei Bauhaus und Rewe war es aber nicht so einfach mit Kommunikation auf Englisch. Aber dann habe ich halt mit Händen und Füßen kommuniziert. 

Wie ist die Zusammenarbeit mit euren Matchingpartnern verlaufen?

P: Wir standen beide im Austausch mit beiden Matchingpartnern.

O: Ja das waren wirklich gute Matchingpartner; eine gute Wahl! Wir sind wirklich auf einer Wellenlänge und der Austausch war wie ping pong in stetiger wechselseitiger Inspiration. Also wirklich beide Daumen nach oben. Wir werden mit ihnen in Austausch bleiben und möglicherweise ergibt sich eine weitere Möglichkeit der Zusammenarbeit.

Könnt ihr eine kurze Projektvorstellung geben?

O: Im ersten Residenzaufenthalt habe ich als spontanes Projekt eine Soundperformance mit einer Gesichtsmaske gemacht und die Reaktionen darauf beobachtet. Außerdem habe ich Audioaufnahmen von den Geräuschen der Stadt gemacht. Das heißt, ich habe Aufnahmen der Stadt, der Menschen und der Geräusche gemacht. Zusätzlich zu den Audiotapes habe ich mit Roland Holzer gemeinsam Musik gespielt. Er hatte auch sein Arduino-Gerät mit zu unseren gemeinsamen Treffen mitgenommen und mir ausgeliehen. Ich habe gespielt, was ich an diesem Ort fühle. Ich mag es auf den Ort zu reagieren, an dem ich gerade bin. Das ist immer sehr unterschiedlich auch in Abhängigkeit der Beziehung zu dem Ort. Mich faszinieren dabei auch interaktive Reaktionen und Menschen und deren Reaktionen darauf. 

P: Ich habe hier ein (visuelles) Tagebuch angefertigt zu Situationen, die uns passiert sind und arbeite an Szenografie, Lichtuntermalungen, Videoprojektionen und Musik. Ich habe viele Videos aufgenommen, die viele kleine Versatzstücke Regensburgs sammeln und dadurch detailreiche Ausschnitte sammeln, die ansonsten gar nicht auf den ersten Blick wahrgenommen werden. 

Was sind eure Gedanken zum Kunstaustauschprogram? Würdet ihr es wieder machen oder empfehlen?

O: Ja!

P: Ja!

O: Es bietet multikulturelle Verbindungen und andere Impulse zu Denkmustern und Bedeutungen. Die neuen Einflüsse reinigen irgendwie den Geist. Es ist spannend, wie sich die Verbindung zu den Matchingpartnern aufbaut und wie es klappt zusammenzuarbeiten. Es verbessert auch die Kommunikation.

P: Da stimme ich zu. Es sind keine Ferien. Dies hat uns auch als Inspiration gedient. Wir arbeiten mit als lustig empfundenen Dingen, Raum, Sounds…

O: … uns inspiriert was wir sehen und hören. Wir haben schon mehrere Kunstwerke zusammen gemacht und bei diesen Kooperationen viel Spaß gehabt. 

Möchtet ihr zum Schluss noch etwas ergänzen?

P&O: Es ist schön, dass wir in Regensburg sein können. Besonders schätzten wir die Verbindung mit den Matchingpartnern. Wir freuen uns aufs Wiederkommen! Markant in Erinnerung bleiben werden uns außerdem das gute Wetter, die Raben (wir haben den Rabensound auch schon aufgenommen) und die Feuerwehrschränke im Kunstatelier. (Zu zweit in der Atelierwohnung mit unserem ganzen Material und technischen Equipment bieten diese einfach nicht genug Platz.)

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